Neues vom Gericht Oktober 2021

Die Themen: Maskenpflicht im Betrieb/Betriebsschließungsversicherung/Online-Vertragsdokumente/Arbeitsunfähigkeit

Text: IHK-Redaktion

Arbeitnehmer ohne Maske

Ein Arbeitgeber darf die Beschäftigung seines Arbeitnehmers im Betrieb verweigern, wenn es diesem – belegt durch ein ärztliches Attest – nicht möglich ist, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Der Arbeitnehmer ist in diesem Fall arbeitsunfähig. Er hat auch keinen Anspruch auf Beschäftigung und Annahmeverzugslohn oder Schadensersatz.
Die Anordnung einer Bedeckung von Mund und Nasen ist vom Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt. Für einen Anspruch auf Einrichtung eines Homeoffice-Arbeitsplatzes anstelle der Beschäftigung im Betrieb kommt es auf den Einzelfall an, insbesondere darauf, ob Teile der Aufgaben des Arbeitnehmers im Betrieb erledigt werden müssen.
(Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 18. August 2021, 4 Ca 2301/20)

Betriebsschließungsversicherung in der Pandemie

Eine in Bedingungen von sogenannten Betriebsschließungsversicherungen enthaltene Auflistung von Krankheiten und Krankheitserregern zur Bestimmung des Versicherungsumfangs kann abschließend sein. In einem solchen Fall beruft sich der Versicherer dann zu Recht auf eine fehlende Einstandspflicht bei behördlich angeordneten Schließungen von Betrieben wegen der Corona-Pandemie, wenn Covid-19/SARS-CoV-2 in der Auflistung nicht enthalten ist.
Das Leistungsversprechen des Versicherers erstreckt sich ausschließlich auf die in den Versicherungsbedingungen genannten Krankheiten beziehungsweise Krankheitserreger, wenn die entsprechende Klausel aus der maßgeblichen Sicht des verständigen Versicherungsnehmers eine abschließende Aufzählung enthält. Eine solche Klausel ist wirksam: Weder liegt ein Verstoß gegen das Transparenzgebot vor, noch enthält sie eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers. Einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer muss vor Augen stehen, dass es aufgrund der Vielzahl der in diesem Zusammenhang möglichen Versicherungsfälle zur Vermeidung eines ausufernden Haftungsrisikos für den Versicherer nötig ist, den Deckungsumfang inhaltlich zu definieren und eine entsprechende Prämienkalkulation vorzunehmen.
(Urteile des Oberlandesgerichts Köln vom 7. September 2021, 9 U 14/21 und 9 U 18/21)

Online-Erstellung digitaler Vertragsdokumente

Die Erstellung von Verträgen bedarf oft des fachmännischen Rats eines Rechtsanwalts. Für Standardverträge gibt es für den Rechtsuchenden im Internet aber auch die Möglichkeit, sich auf der Webseite eines sogenannten Vertragsdokumentengenerators selbst Verträge zusammenzustellen: Ein juristischer Fachverlag darf einen digitalen Rechtsdokumentengenerator betreiben, mit dem anhand eines Frage-Antwort-Systems und einer Sammlung abgespeicherter Textbausteine Vertragsdokumente erzeugt werden.
Zwar darf an sich nur Rechtsberatungen anbieten, wer – wie Anwälte – über eine entsprechende Erlaubnis verfügt. Die Erstellung eines Vertragsentwurfs mithilfe des digitalen Rechtsdokumentengenerators stellt aber keine unerlaubte Rechtsdienstleistung dar. Die Tätigkeit des Verlags besteht lediglich darin, mit der im Internet bereitgestellten Software Vertragsdokumente anhand der Vorgaben der Nutzer zu erstellen. Dabei wird er nicht in einer konkreten Rechtsangelegenheit des Nutzers tätig. Der Verlag hat die Software auf der Grundlage von denkbaren typischen Sachverhaltskonstellationen programmiert, zu denen er im Vorgriff auf die vorgegebenen Antworten standardisierte Vertragsklauseln entwickelt hat. Die über den üblichen Fall hinausgehenden individuellen Verhältnisse des Anwenders finden bei der Erstellung des Vertragsdokuments keine Berücksichtigung – ähnlich wie bei einem Formularhandbuch. Der Nutzer erwartet daher auch keine rechtliche Prüfung seines konkreten Falls.
(Urteil des Bundesgerichtshofs vom 9. September 2021, I ZR 113/20)

Sind Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung immer glaubhaft?

Kündigt ein Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis und wird er am Tag der Kündigung arbeitsunfähig krankgeschrieben, kann dies den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttern. Das gilt insbesondere dann, wenn die bescheinigte Arbeitsunfähigkeit genau die Dauer der Kündigungsfrist umfasst.
Beispiel ist eine Kündigung vom 8. Februar 2019 mit einer Kündigungsfrist bis zum 22. Februar 2019. Wird eine Arbeitsunfähigkeit genau für diesen Zeitraum bescheinigt, kann ein ernsthafter Zweifel an dieser Arbeitsunfähigkeit begründet sein. In einem solchen Fall muss dann wiederum der Arbeitnehmer darlegen und beweisen, dass er doch tatsächlich arbeitsunfähig erkrankt gewesen ist. Dieser Beweis kann – insbesondere nach entsprechender Befreiung von der Schweigepflicht – durch Vernehmung des behandelnden Arztes erfolgen.
(Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 8. September 2021, 5 AZR 149/21)

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