Wirtschaftsfaktor Rhein

Der große Fluss versorgt die Region und schafft tausende Arbeitsplätze. Auch der touristische Aspekt ist nicht zu unterschätzen.

Wirtschaftsfaktor Rhein

Text: Daniel Boss, Fotos: Messe Düsseldorf, Constanze Tillmann
Gerade war „Big Willi“ wieder im Einsatz. Der gewaltige Bootskran hievte mit mehr als 40 Jahren „Erfahrung“ Yachten aus dem Rhein. Diese werden jetzt auf der weltweit größten Wassersportmesse „boot“ präsentiert. „Durch den Rhein ist die Anreise von großen Booten auf eigenem Kiel oder von Rotterdam aus auf Pontons möglich“, erklärt Ian Hume, bei der Messe Düsseldorf für die Logistik zuständig. Auch sonst ist der große Fluss ein wichtiger Standortfaktor für die Messe. Der Rhein ermöglicht den Transport von Überseecontainern mit Maschinen und anderen Ausstellungsstücken zu unseren großen Investitionsgütermessen. Sie kommen per Rheinschiff nach Düsseldorf oder Neuss und müssen nur die letzte Strecke auf der Straße transportiert werden.“ Die „Logistikachse Rhein“ spare dadurch bei Messen wie K, interpack oder drupa Hunderte von Lkw-Transporte im Vor- und Nachlauf einer Veranstaltung, so Ian Hume.   
Europas größte Binnenwasserstraße ist auch der Grund für zahlreiche Unternehmensansiedlungen, etwa der Montan- und der Chemieindustrie. „Konservativ geschätzt hängen im Rheinland rund 110.000 Jobs vom Rhein ab“, sagt Thomas Vieten, Referent Verkehrswirtschaft bei der IHK Düsseldorf. Mit ihren Häfen verfügt die Landeshauptstadt über eine direkte Anbindung ans Wasser. Davon profitieren nicht nur Industriebetriebe vor Ort, sondern auch die Bevölkerung durch die trimodale Infrastruktur: „Der Rhein hat als einziger Verkehrsträger noch nennenswert freie Kapazitäten“, nennt Thomas Vieten einen unschätzbaren Vorteil. „Wenn es auf den Straße und Schienen zu Problemen kommt, etwa durch marode Infrastruktur, bleibt Düsseldorf dennoch erreichbar.“

Logistikachse Rhein

Schwerlasten, Massengüter und zahlreiche Produkte des täglichen Lebens werden ins Rheinland und durchs Rheinland transportiert. Ein wichtiger Standort ist das Terminal der Düsseldorfer Container-Hafen GmbH (DCH). 57 Mitarbeitende kümmern sich um den Umschlag und die Lagerung von Containern. Weiterer Bestandteil des Kerngeschäfts ist der Transport via Bahn, Schiff und Lkw von den europäischen Seehäfen zu den Empfängern in Deutschland und umgekehrt. Der Jahresumschlag beziffert das Unternehmen mit 300.000 TEU (Zwanzig-Fuß-Standardcontainer). Die Gesamtkapazität der Abstellfläche liegt bei 6.300 TEU. „Weltweit werden immer mehr Waren containerisiert“, sagt DCH-Geschäftsführer Dirk Meyer. „Somit ist der Containerverkehr in den letzten Jahren stetig gestiegen.“ Der kombinierte Hinterlandverkehr habe weiter an Bedeutung gewonnen – durch immer größere Container-Seeschiffe und damit auch wachsende Herausforderungen bei den Abwicklungen in den Seehäfen. „Diesen Herausforderungen könnte man nicht ohne Binnenschiff und Bahn begegnen“, so Dirk Meyer.

Rund 175.000 Binnenschiffe passieren Düsseldorf jährlich auf dem Rhein.

Die politisch gewollte Verkehrswende von der Straße auf die Schiene und aufs Wasser begrüße er. „Der Rhein verfügt über genügend Kapazitäten, sodass noch deutliche Mengensteigerungen möglich sind.“ Doch um diese in Zukunft nutzen zu können, seien verschiedene Maßnahmen erforderlich. So fordert er von der Politik unter anderem die „Abladeoptimierung“ am Niederrhein, also eine Vertiefung bestimmter Abschnitte. Die Folgen des Klimawandels bereiten der vom Rhein abhängigen Wirtschaft große Sorgen. Extreme Hoch- und Niedrigwasser können die Binnenschifffahrt massiv einschränken. Was Dirk Meyer auf noch auf den Nägeln brennt, ist der Schutz der Häfen vor herannahender, „nicht hafenaffiner“ Nutzung. Gemeint sind Wohnbebauung sowie Firmen, die nicht unbedingt eine direkte Rheinanbindung brauchen.

Medienhafen als Tourismusmagnet

Wie kaum eine andere Stadt hat es Düsseldorf geschafft, den Rhein sozusagen in die Mitte zu holen und im Alltag der Menschen erlebbar zu machen. Neben der Rheinuferpromenade und den Rheinwiesen auf der gegenüberliegenden Seite spielt der Medienhafen dabei sicherlich die größte Rolle. „Wenn man sich allein die rund 1.500 Bewertungen auf Tripadvisor anschaut und unter den Top-Ten der besten Sehenswürdigkeiten in Düsseldorf den Medienhafen findet, dann scheint dieser durchaus eine nennenswerte Rolle im Tourismus zu spielen“, meint Christian von Göler, Mitglied der Geschäftsführung des Versicherungsmaklers BEST GRUPPE und Vorsitzender des Vereins „MedienHafen Düsseldorf“. Gleiches gelte für das Business: „Wir finden im Medienhafen auf engstem Raum eine große Branchenvielfalt. Dienstleistungsunternehmen, Gastronomie oder Hotellerie sind hier ebenso angesiedelt wie die Düsseldorfer Startup-Szene.“
Die Verbindung von Stadt und Wasser habe immer etwas Besonderes, findet Christian von Göler. „Wasser macht etwas mit Menschen. Es steht in vielerlei Hinsicht für Leben und Existenz.“ Und speziell für Düsseldorf eben auch für Handel und Wirtschaftskraft.