Die Welt bleibt rund

Die Corona-Krise tritt die NRW-Wirtschaft hart. Ein Blick auf den Export zeigt aber: Es ist nicht alles schlecht.

Text: Andrea Schorradt, Foto: Unternehmen

Es sind Zahlen wie die des NRW.BANK./Ifo-Geschäftsklimaindexes, die für ein düsteres Bild sorgen: Laut Index ist der Wert für das Geschäftsklima im April 2020 von -16,8 auf -40,5 Punkte eingebrochen. Sogar der bisherige Tiefpunkt aus der Euro-Krise 2009 (-25,8) wurde damit unterschritten. „NRW-Wirtschaft rutscht in schwere Rezession“, heißt es. Aber längst nicht alle teilen die düstere Grundstimmung. Felix Neugart, Geschäftsführer International der IHK Düsseldorf, sieht auch positive Aspekte: „Viele mittelständische Unternehmen produzieren weiter – unter Einschränkungen, aber doch substanziell. In Gesprächen mit Unternehmerinnen und Unternehmern nehme ich eine kämpferische Grundhaltung wahr, ein Gefühl von ‚Wir schaffen das!‘“.

„Wir schaffen das“

Andreas Pauli, Waagen Pauli

„Wir schaffen das“ sind tatsächlich die Worte, die Andreas Pauli von Waagen Pauli aus Velbert wählt. Dem Spezialbetrieb für Wägesysteme ist es bisher gelungen, Kurzarbeit zu vermeiden – und das, obwohl von den zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein Großteil im nationalen und internationalen Außendienst tätig ist. „Alle Dienstleistungen in der Medizintechnik, darunter die Wartungsarbeiten, sind komplett weggefallen, unser Vertrieb ist um 80 Prozent eingebrochen“, berichtet Pauli. Die Abwicklung laufender Aufträge, die Neu-Organisation vertraglich vereinbarter Serviceleistungen, die gesamte Disposition verlangte dem Unternehmen viel ab. Pauli: „Ich bin wirklich stolz auf mein Team.“ Inzwischen ist eine Art neue Routine eingekehrt, erste Kunden werden wieder kontaktiert. Was Andreas Pauli hoffen lässt: „Die Grenzen nach Luxemburg sind wieder offen, das ist wichtig für unser Geschäft. Wenn die Kontaktsperren jetzt schrittweise gelockert werden, können meine Mitarbeiter wieder vor Ort sein.“ Auch der Verkauf sollte dann wieder in Gang kommen, hofft Pauli.

„Alle haben das gemeinsame Ziel, dieses Virus zu bekämpfen“

Dr. Michael Baum , Qiagen

Anders und doch ähnlich sieht die Lage bei der Qiagen GmbH in Hilden aus. Das Biotechnik-Unternehmen entwickelte unter anderem einen Corona-Schnelltest, der weltweit eingesetzt wird. Rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden in den vergangenen Wochen zusätzlich eingestellt, die Produktion auf ein Dreischicht-System im 24/7-Takt hochgefahren. „Die RNA Extraktionskits zur Isolierung und Aufreinigung von SARS-CoV-2 werden, wie alle anderen Testprodukte auch, stark nachgefragt. Während mit der ursprünglichen Produktionskapazität bis zu 400.000 Proben analysiert werden konnten, waren es im April bereits über sieben Million Patientenproben“, fasst Dr. Michael Baum, Director, Head of Global Trade & 3PL Strategy Management, die Entwicklung der letzten Wochen in Zahlen. „Und im Oktober sollen es sogar 20 Millionen sein.“ Die Steigerung der Produktionskapazitäten stellen neue Herausforderungen an die Lieferketten und die Logistik des Unternehmens, da Rohstoffe global beschafft werden und Luftfrachtkapazitäten begrenzt sind. „Was wir aber in allen Bereichen erleben, ist eine sehr partnerschaftliche, lösungsorientierte Zusammenarbeit“, betont Michael Baum. Auch intern sorge das Corona-Virus für eine veränderte Stimmung: „Alle haben das gemeinsame Ziel, dieses Virus zu bekämpfen. Das schweißt zusammen und sorgt für eine Pack-an-Mentalität.“

„Es ist nicht alles schlecht“

Felix Neugart, IHK Düsseldorf

Der starke Zusammenhalt und eben jene Pack-an-Mentalität nimmt auch Felix Neugart wahr: „Es ist nicht alles schlecht“. Ein Indiz für seine Einschätzung ist das „Ursprungszeugnis-Barometer“ der IHK Düsseldorf. Die Erhebung zeigt, wie sich der Export aus der Region anhand der ausgestellten außenwirtschaftlichen Bescheinigungen entwickelt hat. Dabei wird deutlich, dass die Ausfuhren in außereuropäische Länder in der Corona-Krise substanziell geblieben sind. In den ersten Wochen des Lockdowns wurden rund drei Viertel des Niveaus vor der Krise erreicht, mit zunehmender Dauer ging die Zahl auf zwei Drittel zurück, während sie jetzt wieder bei drei Vierteln liegt. „Die meisten Unternehmen sind angespannt und haben zu kämpfen, aber trotz allem hat sich nicht nur im Hinblick auf die Digitalisierung in den letzten Wochen viel bewegt. Die Krise bringt Unternehmen dazu, neue Märkte zu erschließen, Lieferketten zu prüfen oder sich breiter aufzustellen – das zeigt, dass die Unternehmen bereit sind, zu kämpfen“, sagt Felix Neugart.

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