Von: Sylvia Rollmann, Fotos: Paul Esser
Der Geruch von Honig und Räucherstäbchen liegt in der Luft. Gitarrenklänge und das rollende R von Rammstein-Frontmann Till Lindemann tönen aus den Lautsprechern. Thomas Kastner steigt ein paar Stufen hinauf und steuert das alte Sofa neben dem kleinen Tisch mit der Kaffeemaschine an. Freundlich begrüßt der Mann in Schwarz jeden, der sich im Ladenlokal umschaut. Die Regale, Vitrinen und Kleiderstangen sind prall gefüllt. „Es sind viele hundert Produkte“, sagt Kastner und lacht. Er hat aufgehört zu zählen.
Kastner ist Geschäftsführer der Szene-Boutique Unlicht, die er 2005 mit Freunden in Düsseldorf eröffnet hat. Zunächst am Fürstenwall, seit 2008 an der Friedrichstraße, steht der Name für Subkulturen, denen sich Unlicht zugehörig fühlt. So ist das Geschäft Anlaufstelle für alle Fans mittelalterlicher Gewandungen und Accessoires, für Freunde von Fantasy, Heavy-Metal, Larp und Steampunk, überhaupt für alle, die außergewöhnliche Bekleidung, Schmuck oder Geschenkartikel suchen.
Von der Rüschenbluse bis zur Rüstung
Im 200 Quadratmeter großen Ladenlokal hängen Schnürhemd und Rüschenbluse neben Brokat-Mantel und Waffenrock, Rüstungen und Schilde neben Korsagen und schottischen Kilts. Dazu jede Menge Zubehör: Geldkatzen und Gürteltaschen, Helme und Bundhauben, Deko-Pistolen und -Dolche, Schwerter für den Schaukampf. Auch Kosmetik, Haarfarbe und Düsseldorf-Shirts gehören zum Sortiment. „Die einen kleiden sich für den Mittelalter-Markt ein, die anderen für Hochzeit, Karneval oder Mottoparty“, beschreibt Kastner seine Kundschaft.
Hinter Glas und auf schwarzen Samtdeckchen glänzen Schmuckstücke aus Silber, Bronze und Stahl, viele im keltischen und wikingischen Stil: Thorshammer, Lebensbäume, Triskele, irische Hochkreuze. Für Rockabillies, Biker und Gothic-Freunde gibt es schmucke Stücke mit Totenkopf, Schlange oder Pentagramm. Wer lieber sein Zuhause dekoriert, der findet Drachen, Feen und Elfen in allen Formen und Größen, Totenschädel und Trinkhörner, Kelche und Krüge, selbst Tischläufer und Wandbehänge. Esoteriker können sich mit Glaskugeln, Tarot-Karten und Heilsteinen eindecken oder einfach nur an Räucherstäbchen, Kerzen und Ölen schnuppern.
Anprobieren, anfassen und kosten
Unlicht bildet junge Menschen zu Verkäufern aus, verzichtet aber bewusst auf einen Online-Shop. „Viele unserer Produkte leben davon, dass man sie anprobiert, anfasst oder kostet, viele sind beratungsintensiv. Das funktioniert im Netz nicht“, sagt Geschäftsführer Kastner und meint damit wohl auch die alkoholischen Spezialitäten, die er aus aller Welt importiert. Mehr als 80 Sorten Met stehen in den Regalen – von Wikingerblut über Weißtanne bis hin zum schottischen Moniack. Wer die edlen Tropfen vor dem Kauf probieren möchte, kann das im Laden tun – oder eine der regelmäßigen Verkostungen besuchen, die es auch für Absinth, Whisky, Craftbier und die vielen anderen Spirituosen im Unlicht gibt. „Der Markt ist schier unüberschaubar, deshalb unterstützen wir vor allem die unbekannteren Label und die kleinen Brauereien und Destillen“, betont der 50-Jährige. Draußen auf der Friedrichstraße rollt der Berufsverkehr – vorbei an Unlicht. „Über 100 Geschäfte ziehen sich vom S-Bahnhof Bilk bis zum Graf-Adolf-Platz, viele davon sind inhabergeführt und nirgendwo sonst in der Stadt zu finden. Trotzdem gibt es hier zu wenig Publikumsverkehr“, klagt Kastner, der sich als Vorsitzender der Werbegemeinschaft „Die Friedrichs“ zusammen mit anderen Händlern und Nachbarn für die Zukunft der Friedrichstraße stark macht. Nach dem Ende der WestLB, der Schließung des Stern-Verlags und jahrelangen Baustellen wollen „Die Friedrichs“ der Straße neues Leben einhauchen.
„Wir sind Teil der Innenstadt, bieten Qualität und Vielseitigkeit. Es wäre schön, wenn die Menschen unsere Straße wieder für sich entdecken und häufiger hier einkaufen würden.“
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