Heiß begehrt in der Krise

Zwei Düsseldorfer Traditionsunternehmen produzieren, was in diesen Zeiten dringend gebraucht wird

Zwei Düsseldorfer Traditionsunternehmen produzieren das, was man in diesen Zeiten dringend braucht.

Robert Lamers der Geschäftsführer der Fortin Mühlenwerke.

Text: Ute Rasch, Foto: IHK Düsseldorf/Eggert Group, Paul Esser

Haferflocken! Viele Menschen kommen jetzt auf den Geschmack von haltbaren und nahrhaften Lebensmitteln. Deshalb wurden die Fortin Mühlenwerke auch gleich als „systemrelevanter“ Betrieb eingestuft – und die Arbeit im Düsseldorfer Familienunternehmen, einem der größten Haferflocken-Produzenten Europas, läuft ganz normal. Aber was ist schon normal in diesen Zeiten?

„Die Nachfrage ist seit einigen Wochen vier bis fünf Mal so stark wie sonst.“

Robert Lamers, Fortin Mühlenwerke

Sie verschicken ihr Produkt weltweit. Denn Haferflocken stecken in Keksen und Schokoriegeln, ohne sie gibt’s weder Müsli noch Porridge. „60 Prozent unseres Jahresumsatzes erwirtschaften wir durch den Export“, erklärt Geschäftsführer Robert Lamers. Und da die Warenströme nahezu ungehindert fließen, gilt das auch jetzt noch. Von gelegentlichen Stolpersteinen abgesehen, als zum Beispiel Lastwagen durch lange Wartezeiten nach Polen oder am Brenner ausgebremst wurden. Der weltweite Absatz stockt zurzeit auch, weil Container in China festhängen, die aber für den Schiffsverkehr dringend gebraucht werden.
„Gleichzeitig ist die Nachfrage seit einigen Wochen vier bis fünf Mal so stark wie sonst“, so Lamers. Das heißt für den Betrieb: Arbeiten rund um die Uhr. Glücklicherweise hatten die Mühlenwerke soeben erst zusätzliches Personal eingestellt, „was uns nun zugutekommt“. In diesen Tagen stehe vor allem der Schutz der Belegschaft im Mittelpunkt. Dafür wurden die Schichtpläne neu geschrieben. Normalerweise fangen alle Mitarbeiter einer Schicht zur gleichen Zeit an, nun werden diese Zeiten gestaffelt, damit sich weniger Menschen in den Umkleideräumen begegnen. Und: Nur die Belegschaft darf den Betrieb betreten. Das gilt auch für Lkw-Fahrer, die früher ihre Fracht oft selbst verladen haben, „jetzt müssen dafür unsere eigenen Leute ran“. Aber immerhin fließt der Verkehr meist reibungslos über die Alpen. Denn auch die Italiener wissen: Haferflocken halten fit.

Produzieren rund um die Uhr

Dieses Produkt ist von Pappe: ein unscheinbares Röllchen, etwa zehn Zentimeter lang und bis zu 4,5 Zentimeter im Durchmesser. Man könnte sagen: die graue Maus unter den Lifestyle-Erzeugnissen. Jedenfalls vor Corona. Nun aber, in Zeiten der Krise, wo ganz Düsseldorf von der Rolle ist, erfährt das Produkt aus Bilk eine ganz neue Wertschätzung: Denn ohne diese Pappröllchen gäbe es kein Toilettenpapier.

„Wir haben früh gehandelt.“

Thomas Bolle, Julius Schulte Söhne

Das Familienunternehmen Julius Schulte Söhne, gegründet 1886, produziert 100.000 Tonnen Papier pro Jahr. „Wir beliefern alle deutschen und viele europäische Hersteller von Toilettenpapier und Küchenkrepp“, sagt der kaufmännische Leiter Thomas Bolle. Die Fabrik hat schon so manche Krise überstanden, aber einen solchen Ansturm wie im Moment, wo alle Welt Toilettenpapier hortet, hat man wohl kaum je erlebt.

Zwei Düsseldorfer Traditionsunternehmen produzieren das, was man in diesen Zeiten dringend braucht.
Julius Schulte Söhne produziert 100.000 Tonnen Papier pro Jahr.

Wird deshalb nun die Produktion hochgefahren? „Das ist nicht möglich, wir produzieren laut Genehmigung bereits in drei Schichten rund um die Uhr, an etwa 355 Tagen im Jahr“, meint Bolle. Er würde jetzt häufig gefragt, warum er denn nicht die komplette Produktion auf die Klopapier-Innenröllchen umstelle, aber das sei schwierig. „Denn wir produzieren außerdem auch den Hülsenkarton zur Weiterverarbeitung von Faltschachteln, die als Verpackung für OP-Material dienen.“ Außerdem könne man Papiermaschinen nicht mal eben umrüsten.
Allerdings habe man zusätzliche Lagerflächen angemietet und die Reserven an Altpapier, dem Rohstoff für die Produktion, hochgefahren. „Auch sonst haben wir früh gehandelt“, meint Thomas Bolle. Als der Engpass absehbar war, wurden frühzeitig Schutzmaßnahmen für die Belegschaft getroffen. Alle 100 Mitarbeiter seien mit Mundschutz ausgestattet, außerdem bekomme jeder, der in diesen schwierigen Zeiten arbeite, eine tägliche Bonuszahlung.

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