Von der Latrinenabfuhr zum Entsorgungsfachbetrieb

IHK Magazin Archiv ab 2019Von der Latrinenabfuhr zum Entsorgungsfachbetrieb

Von Andrea Schorradt, Fotos: Unternehmen
Bilder erzählen Geschichten – und die schwarz-weiße Aufnahme aus den 1950er Jahren erzählt die Geschichte der Ehefrau von Franz Poschen, der erst im Jahr 1959 als einer der letzten Kriegsheimkehrer zurückkehrte. Die Dame schwang sich daher selbst hinters Lkw-Steuer, um mit dem schweren Tankfahrzeug zur Grubenentleerung auszurücken. „Naja, ganz so war es vermutlich nicht“, räumt Edgar Koch, Geschäftsführer der Poschen & Giebel GmbH, mit einem Schmunzeln ein. „Vermutlich ist sie nur mitgefahren, saß aber nicht selbst am Steuer.“ Das Foto hat trotzdem einen Ehrenplatz im Büro des Entsorgungsfachbetriebs. In diesem Jahr feiert die Poschen & Giebel GmbH ihren 25. Geburtstag. Wenn auch das Unternehmen als GmbH 25 Jahre alt wird, so reichen die Ursprünge über 100 Jahre zurück. Bis heute ist das Haaner Unternehmen dabei gewissermaßen in Familienhand, denn sowohl Geschäftsführer Edgar Koch als auch sein Kollege Thomas Stindt haben familiäre Verbindungen zu den ursprünglichen Unternehmensgründern.

Einzelkämpfer machen gemeinsame Sache

Die Geschichte von Poschen & Giebel geht auf vier Einzelunternehmen zurück, die 1919 in Haan beziehungsweise im heutigen Wuppertal gegründet wurden: Otto Schreiner – Grubenentleerung, Franz Poschen – Latrinenabfuhr, Bernhard Giebel – Grubenentleerung, und Schopps & Knieriem – Kanalreinigung. Von Zusammenarbeit war in den ersten Jahren allerdings kaum die Rede. Das lag vor allem an der räumlichen Entfernung: Als Grubenentleerung und Latrinenabfuhr noch mit Pferdefuhrwerken bewerkstelligt wurden, gab es zwischen den einzelnen Unternehmen keine Berührungspunkte.

Bei Firmengründung waren noch Pferdefuhrwerke im Einsatz.

Dies änderte sich erst im Laufe der Jahrzehnte, als die Pferde durch Lastwagen ersetzt und auch die Aufträge größer wurden. Die jeweiligen Firmeninhaber agierten allerdings eher als „Wettbewerber der alten Schule“, so Edgar Koch, und damit als Einzelkämpfer. Zur größten Konkurrenz entwickelten sich im Laufe der Zeit große Entsorgungsunternehmen, die es den kleinen familiengeführten Betrieben mit vier oder fünf Fahrzeugen schwer machten. „In den 1970er Jahren schloss sich die Firma Otto Schreiner, die mein Vater damals führte, mit der Firma Franz Poschen zusammen“, erzählt Edgar Koch. Das Unternehmen siedelte sich an der Rheinischen Straße in Haan an, dem heutigen Firmensitz der Poschen & Giebel GmbH. 1997 erfolgte dann der Zusammenschluss mit Bernhard Giebel sowie mit Schopps & Knieriem, „Der Mitbewerberdruck wuchs und es war klar, dass wir uns größer aufstellen mussten, um zu überleben“, erinnert sich Edgar Koch, der in dieser Zeit die Geschäfte übernahm und den Zusammenschluss vorantrieb. Hinzu kam, dass in diesem Jahr die Zertifizierung zum Entsorgungsfachbetrieb eingeführt wurde, die die illegale Entsorgung von Abfällen verhindern und zertifizierten Unternehmen Wettbewerbsvorteile bei Ausschreibungen verschaffen sollte. Bereits ein Jahr nach dem Zusammenschluss erwarb die Poschen & Giebel GmbH das TÜV-Zertifikat zum Entsorgungsfachbetrieb.

Mehr als ein Standbein

Durch den Zusammenschluss (1998 wurde zusätzlich die Geschu Gewässerschutz übernommen) verfügt das Unternehmen bis heute über mehrere Standbeine: Es gibt neben der Grubenleerung den Bereich „Entsorgen“, der die Abfuhr beziehungsweise den Transport von Flüssigkeiten und Schlämmen umfasst, auch den Bereich „Reinigung“, zu dem Abfluss-, Rohr- und Kanalreinigungen zählen. „Beide Standbeine spielen heute eine wichtige Rolle für uns“, erklärt Koch. „Es gibt immer mal wieder Schwankungen in der Auftragslage und da unser Personal zumindest in Teilen flexibel eingesetzt werden kann, können wir entsprechend reagieren.“ Ein Umstand, der dem Unternehmen besonders vor rund zehn Jahren zu Gute kam. „Als VW seine Mitarbeiter in Zeiten der Wirtschaftskrise in den Zwangsurlaub schickte, bekamen wir reihenweise Anrufe von unseren Kunden aus der Zulieferbranche mit Auftragsabsagen“, erinnert sich Koch.

Das Unternehmen übernimmt heute auch größere Aufgaben – und pumpt schon einmal einen ganzen Teich leer.

Genau in diese Zeit fiel allerdings auch die Einführung der Dichtheitsprüfung für private Abwasseranlagen – so dass sich der Schwerpunkt verlagerte und ein Großteil der Mitarbeiter entsprechend anders eingesetzt werden konnte. Mittlerweile haben sich die Aufträge in den Bereichen Entsorgung beziehungsweise Reinigung längst wieder auf hohem Niveau eingependelt. Die Poschen & Giebel GmbH verfügt über acht Saugwagen (Entsorgung) und sieben DB-Sprinter (Rohr- und Kanalreinigung, Dichtheitsprüfungen, Ortungen und Kanal-TV). Zudem berät und betreut die Poschen & Giebel GmbH ihre Kunden aus Industrie, Gewerbe und privaten Haushalten zu Genehmigungsverfahren, Nachweisen und Entsorgungswegen. Derzeit sind 17 Fahrer tagtäglich und im Notfall auch 24 Stunden im Einsatz, die meisten haben jahrelange Erfahrung und manche sind sogar in zweiter Generation im Unternehmen tätig. Koch: „Unsere Mitarbeiter werden von uns aufwändig geschult und eingearbeitet, wer einmal dabei ist, hat einen sicheren Arbeitsplatz. Entsprechend gering ist die Fluktuation.“ Vier der insgesamt sechs kaufmännischen Mitarbeiter kommen übrigens täglich mit ihrem Dienst-Pedelec zur Arbeit. Den Strom zum Laden liefert die Solaranlage auf dem Dach – hätte man das den Firmengründern vor 100 Jahren erzählt, sie hätten vermutlich den Kopf geschüttelt.

Weitere Firmenjubiläen im Online-Magazin der IHK Düsseldorf.

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